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Auf dem Weg zu Nachbarschaftsräumen

Kirchenvorstandstag im Kinder- und Familienhaus Langenhain

Von Stephan Frisch (Juli 2022)

Die Regionale Ehren­amts­akademie hatte ein­­geladen: Am Samstag, den 25. Juni, trafen sich von 14:00-18:00 Uhr Kirchen­vor­steherinnen und Kirchenvorsteher aus dem gesamten Dekanat Kronberg zu einem Kirchen­vorstandstag im Evan­geli­schen Kin­der- und Familienhaus in Langenhain. Viele – aber leider nicht alle – Kirchen­vor­stände sind dieser Einladung ge­folgt. Die Krifteler Aufer­stehungs­ge­meinde wurde durch ihre Vorsitzenden Thomas Milkowitsch und Pfarrerin Car­men Schneider sowie Chris­ta Spinczyk, Dr. Matthias Gärtner und Stephan Frisch vertreten.

Schmerzhafte Einschnitte

Thema der Veranstaltung sollte die Ausgestaltung des Zukunftsprozesses ekhn2030 im Dekanat Kron­berg sein. Präses Dr. Volkmar Ober­klus begrüßte die Anwesenden bei schönstem Wetter auf dem wunder­baren Außengelände des Kinder- und Familienhauses. Wie Propst Oliver Al­brecht in seiner anschließenden An­sprache stimmte er die Kirchenvor­stände auf Einschnitte im kirchlichen Leben ein. „Dabei werden wir uns von bestimmten kirchlichen Handlungsfel­dern verabschieden müssen, da sie auf der Fläche nicht überall möglich sind. Und das wird schmerzhaft“, so Albrecht.

Im Anschluss an die An­spra­chen standen Gespräche zwischen den Vertretern der einzelnen Gemein­den auf dem Programm. In verschie­denen Formaten sollten sich die Kirchen­vorstände in Kleingruppen „be­schnup­pern“. Fragestellungen sollten sein:

  • Woher kommen wir?
  • Was bringen wir mit?
  • Was macht uns aus?
  • Wen treffen wir?
  • Was erwartet uns?
  • Wie wollen wir weitergehen?

 Da leider die uns geografisch am nächsten gelegenen Gemeinden aus Hof­heim (Johannesgemeinde) und Hat­ters­heim keine Ver­tre­ter zum Kirchenvorstandstag ge­schickt hatten, traf die Krifteler Delega­tion in den ver­schiedenen Runden immer wieder auf die Kir­chen­vorstände aus Marxheim und Dieden­bergen-Weil­bach (die bei­den Kirchengemeinden kooperieren be­reits eng mit­ei­nander), später auch auf den Lors­bacher KV. Die Gespräche wa­ren eine „Be­stands­aufnahme“ im Hin­blick auf auf mög­liche Kooperationen.

Anregende Gespräche

Die Kirchenvorstände stellten – zum Teil mit mitgebrachten Gegenständen – ihre Kirchengemeinde und auch ihre Kommune vor und erläuterten die Schwerpunkte ihrer Arbeit, aber auch die Probleme, wie sie zum Beispiel durch die Pande­mie verursacht wurden. Wir Krifteler hatten – natürlich – Erd­beeren und einen Apfel im Ge­päck, haben aber auch das herausragende zivilge­sellschaftliche Engagement be­tont, das die Gemeinde Kriftel auszei­chnet. Für das gemeind­liche Leben in der Auferstehungs­ge­meinde wurde insbesondere die Konfir­mandenarbeit hervorgeho­ben, die im­mer wieder neue Jugendliche für die Mitwirkung am Gemeindeleben – sei es als Teamer oder auch für die Jugendar­beit – begeistert.

Ebenso haben die anderen Kirchen­ge­meinden ihre Vorzüge dargestellt. So hat der Marxheimer Kirchenvorstand die Zusammenarbeit mit den Pfadfin­dern des Stammes „Dietrich von Bern“ hervorgehoben. Die Gemeinde Die­den­bergen-Weilbach berichtete über ihre schon bestehende Koope­ration, z.B. die Zusammenlegung der Gemein­debüros. Es waren sehr anregende und ange­neh­me Gespräche, die Lust auf eine Ver­tie­fung machten.

Im Anschluss an diese „Einzelge­spräche“ sprach noch einmal Propst Albrecht, der erzählte, dass er noch ein anderes Dekanat besuchen müsse, das es versäumt hat, eine Veranstaltung wie diesen Kirchenvorstandstag anzubie­ten, bei dem sich die Gemeinden näher­kommen können.  Entsprechend dankte er den hiesigen Organisatoren dafür.

Aufgelockert wurde das Programm des Tages durch Sketche des Theaters „Traumfänger“ und durch beschwingte Musik eines Duos, bestehend aus dem Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp an der Gitarre und Präses Dr. Volkmar Ober­klus am Keyboard.

Zum Abschluss dankte auch der Dekan den Veranstaltenden, allen voran der Ehrenamtsakademie, für die Durch­führung des KV-Tages, bevor das o.g. Duo das Schlusslied mit dem pas­sen­den Titel „Weise uns den Weg, Gott, geh mit“
(EG+ 152) anstimmte.

Aus dem Auferstehungs-Mosaik 2/2022

Quo vadis, Auferstehungsgemeinde?

Erste Schritte auf dem Weg zur Bildung eines Nachbarschaftsraums

Von Thomas Milkowitsch (Juli 2022)

ekhn 2030 beschäftigt den Kirchenvorstand seit fast einem Jahr. Wie berichtet, sehen wir uns zukünftig mit Einschränkungen konfron­tiert. Einschränkungen aufgrund zurückgehender Mitgliederzahlen und zurückgehender Zahl von Pfarrpersonen. Auf den ersten Blick sieht das nach einem Spar­programm aus. Laut Kir­chen­prä­sident Jung solle der Prozess nicht allein als Sparmaßnahme, sondern als „Prozess der Kirchenentwicklung“ verstanden werden. Er solle an den Gedanken geknüpft werden, in der Kirche „Licht und Luft zum Glauben“ zu schaffen.

Der Vorsitzende des Kirchenvor­stands sieht sich auch nicht als Spar­kommissar. Dem Auftrag der Kirchenleitung folgend, hat sich der Kirchen­vorstand daher in seinen Sitzungen die Frage gestellt, was ist uns wichtig für die Zukunft der Auferstehungsgemeinde, wo können wir Licht und Luft zum Glauben schaffen. Der Kirchenvorstand hat dabei die „Schätze unsere Gemein­de” aufgezeigt. Dem Vorstand ist es wichtig, „die Kirche im Dorf zu lassen” und versteht sich als eng mit der Kom­mune, den Vereinen und dem hohen ehrenamtlichen Engagement verbun­den und verpflichtet.

Der Kirchenvor­stand hat entschie­den, diese Herausfor­derung beherzt anzunehmen und will die Entscheidung, mit welchen Gemein­den er einen Nach­barschaftsraum bil­den möchte und wie intensiv die Zusammenarbeit darin aus­gestaltet sein soll, aktiv mitgestalten.

Besuche bei den Nachbargemeinden

Mit Pfarrerin Carmen Schneider habe ich die Nachbargemeinden (die Jo­han­nesgemeinde in Hofheim, die Tho­masgemeinde in Hof­heim-Marx­heim und die Kirchen­ge­meinde Hatters­­heim) besucht und erste Kennenlern­gespräche unter dem Eindruck von 2030 geführt. Es waren schöne und interessante Gespräche. Wir haben uns ausge­tauscht, was den Menschen in den Nachbargemeinden wichtig ist, in welchen Bereichen Gemeinsamkeiten bestehen und in welchen Bereichen man zusammen­arbeiten kann.

Begegnungen beim KV-Tag

Im Kirchenvorstand haben wir von unseren Eindrücken berichtet und be­schlossen, zwei Gemeinden einzu­laden, damit sich die Kirchenvorstände ken­nen­lernen und austauschen sowie Ver­trauen schaffen können. Ein erstes Tref­fen fand auf dem Kirchenvor­stands­tag statt. Für den 29. Juni – nach dem Redaktionsschluss für die­sen Gemeindebrief – haben wir die Kir­chenvorstände aus Marxheim und Diedenbergen-Weilbach zu uns in die Auferste­hungs­kirche eingeladen, um die Ge­sprä­che, die auf dem Kirchenvor­stands­tag geführt wurden, weiter zu vertiefen. Über den Fortgang der Gespräche wer­den wir Sie in der nächsten Ausgabe des Auferstehungs-Mosaiks infor­mie­ren.

In den nächs­ten Sitzungen des Kir­chen­vor­stands wird weiter beraten wer­den und in der Oktobersitzung er­warten wir den Präses und den Dekan. Unser Ziel ist es, die Voraussetzungen für die Bildung eines Nachbarschaftsraumes zu schaffen.

Aus dem Auferstehungs-Mosaik 2/2022

Das Evangelische Dekanat Kronberg bereitet sich auf die Zukunft vor

Die Dekanate und Kirchengemeinden der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) beschäftigt derzeit der Zukunftsprozess „ekhn2030“. Präses Dr. Volkmar Oberklus und Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp berichten im Interview, wie das Dekanat Kronberg sich darauf vorbereitet.

Das Projekt trägt den sinkenden Kirchenmitgliederzahlen und den damit verbundenen niedrigeren Kirchensteuereinnahmen sowie dem fehlenden Pfarrernachwuchs Rechnung. Dies soll landeskirchenweit unter anderem durch den Zusammenschluss einzelner Kirchengemeinden in Nachbarschaftsräume mit gemeinsamen Verkündigungsteams sowie durch eine Reduzierung der Aufwendungen für den Gebäudebestand umgesetzt werden. Angesichts der prognostizierten Mitgliederentwicklung sollen die jährlichen Ausgaben der EKHN ausgehend vom Jahr 2020 mit rund 700 Millionen Euro um 140 Millionen Euro ab dem Jahr 2030 gesenkt werden.

Dem Dekanatssynodalvorstand (DSV) als leitendem Gremium ist es wichtig, diesen Prozess frühzeitig anzugehen und zu begleiten.  Mitglieder des DSV – darunter der neue Präses Dr. Volkmar Oberklus und Dekan Dr. Martin Fedler-Raupp – besuchen daher seit Ende Januar nacheinander alle 30 Kirchengemeinden im Dekanat Kronberg. Mit dabei sind meistens die Leiterinnen des kirchenmusikalischen oder gemeindepädagogischen Dienstes. Denn die zu bildenden Verkündigungsteams in den Nachbarschaftsräumen sollen in Zukunft aus Pfarrpersonen sowie aus Mitarbeitenden des kirchenmusikalischen und gemeindepädagogischen Dienstes bestehen. Auf diese Weise soll trotz geringerer finanzieller und personeller Ressourcen auch weiterhin eine flächendeckende kirchliche Versorgung sichergestellt werden.

Bis Ende 2023 sollen sich die Kirchengemeinden zu Nachbarschaftsräumen zusammen finden, bis Mitte 2026 müssen diese ein gemeinsames Konzept zur Nutzung ihrer Gebäude entwickeln. Denn die gesamtkirchlichen Zuwendungen für die Baulasten müssen bis 2030 um 20 Prozent reduziert werden. Die Kirchengemeinden sind also dazu aufgefordert, ihre Baulasten bzw. ihren Gebäudebestand zu reduzieren oder alternative Finanzierungs- und Nutzungsmodelle zu entwickeln.

„Das Dekanat sieht sich hierbei als Dienstleister. Wir sehen die Notwendigkeiten, was etwa den Gebäudebestand betrifft. Wesentlich ist für uns dabei eine frühzeitige Einbindung der Kirchengemeinden. Wir müssen für einen transparenten Prozess sorgen, um die Akzeptanz zu fördern“, berichtet Präses Dr. Volkmar Oberklus. „Als DSV ist es uns wichtig, dass die Bildung der Nachbarschaftsräume so reibungslos wie möglich von statten geht, damit die Kirchengemeinden ihrem eigentlichen Auftrag nach draußen gerichtet nachkommen können: nämlich Gottesdienste, Seelsorge und Bildung anzubieten“, so Dekan Dr. Fedler-Raupp. Für das Dekanat Kronberg wurde eine entsprechende Konzeption entwickelt. „Eine ihrer Kernaussagen ist, dass nur lebendige Vor-Ort-Gemeinden lebendige Nachbarschaftsräume bilden können“, führt Oberklus weiter aus. „Das eigene Profil der Kirchengemeinden soll erhalten bleiben. Ein Nachbarschaftsraum soll kein profilloser Gemeindekörper werden, sondern ein Zusammenschluss mehrerer Kirchengemeinden mit eigenem Profil, die sich in ihrer Arbeit gegenseitig stützen und ergänzen“, so Fedler-Raupp. „Ortsgemeinden bleiben damit auch Kern christlichen Lebens. Denn dort ist es, wo noch Bindungen zur Kirche entstehen und gepflegt werden können – zum Beispiel in der KiTa oder beim Konfirmandenunterricht“, erzählt Oberklus.

Die ersten Gespräche zwischen den Kirchenvorständen der Gemeinden finden jetzt statt. Um eine weitere Plattform für den Austausch und das gegenseitige Kennenlernen zu bieten, veranstaltet die Regionale Ehrenamtsakademie am 25. Juni einen Kirchenvorstands-Tag zum Thema „ekhn2030“, zu dem alle Kirchenvorsteher:innen im Dekanat eingeladen sind. „Die bisherigen Überlegungen zur Bildung von Nachbarschaftsräumen schwanken zwischen 4.000 und 9.000 Gemeindegliedern. Es wird also voraussichtlich acht bis zehn Nachbarschaftsräume im Dekanat geben“, so Fedler-Raupp weiter. „Wichtig ist uns, dass eine klare Zuordnung der Pfarrpersonen zu den Gemeinden erhalten bleibt. Zu Ende 2029 werden wir den Bestand von jetzt 34 auf 22,5 Pfarrer:innen reduzieren müssen. Aufgrund von Berufsbiographien und Ruhestands-Versetzungen sind wir optimistisch, dass wir diese Zahl ohne große Härten erreichen werden. Wir schauen dann, wie wir gemeinsam mit den Gemeinden und Nachbarschaftsräumen die noch aktiven Pfarrer:innen den Nachbarschaftsräumen zuordnen.“

„Im DSV haben wir diskutiert, wo es hingehen soll und mehrere Themen als problematisch angesehen. Das bereits erwähnte Profil der Kirchengemeinde vor Ort, das erhalten bleiben soll, ist eins davon. Ein weiteres ist die Frage der Pfarrerzentrierung. Sie ist für viele Kirchengemeinden das Herzstück. Muss sie im Verkündigungsteam aufgebeben werden? Aus unserer Sicht müssen für die Ortsgemeinden auch dann erkennbare Bezugspersonen etabliert werden“, so Oberklus. Ein Ziel des Dekanats in diesem Prozess ist daher die Stärkung des Ehrenamts. „Klar ist: Um die Qualität der Arbeit vor Ort zu sichern, ist es wichtig, dass wir in allen Bereichen auf die Ehrenamtlichen zählen können. Die Lektor:innen, Prädikant:innen, nebenamtlichen Kirchenmusiker:innen sind wesentlich für das Gemeindeleben vor Ort. Deren Einsatz brauchen wir, um die Qualität des Gottesdienst-Angebotes bei geringerem Pfarrpersonal aufrechterhalten zu können“, betont Fedler-Raupp.

„Ein großes Thema für die Kirchengemeinden – praktisch und emotional – ist natürlich der Gebäudebestand. Bei mehr als 100 kirchlichen Gebäuden im Dekanat ist das ein sehr komplexer Bereich“, erzählt Oberklus. „Der durch gesamtkirchliche Mittel geförderte, umbaute Raum wird in Zukunft so berechnet, dass ein Quadratmeter für 25 Gemeindeglieder als Versammlungsfläche zur Verfügung steht. Der Kirchraum und das Pfarrhaus sind davon ausgenommen. Bei 1.000 Gemeindeglieder wären das 40 Quadratmeter. Wenn die Kirchengemeinden andere Finanzierungsquellen erschließen, dürfen sie aber mehr Raum nutzen. Dieser wird nur nicht mehr durch die EKHN gepflegt, beheizt und renoviert“, ergänzt Fedler-Raupp. Gemeinsame Nutzungen von Versammlungsflächen zum Beispiel mit Kommunen, der katholischen Kirche oder zivilgesellschaftlichen Organisationen sind weitere Möglichkeiten, die von der Landeskirche aufzeigt werden. „Im Hinblick auf die Gemeindebüros ist es uns wichtig, dass überall vor Ort die Ansprechbarkeit erhalten bleibt. Denn dies ist eine wichtige Funktion des gemeindlichen Lebens. Im Nachbarschaftsraum soll eine Zentralisierung der Verwaltung erfolgen. Aber es besteht die Möglichkeit, Filialen in den Gemeinden zu bilden“, hebt Fedler-Raupp hervor.

„Dass die EKHN den Gemeinden empfiehlt, von der Vollversorgung von vornherein Abstand zu nehmen, haben wir im DSV ebenfalls als sehr kritisch gesehen. Wir sehen auch realistisch, dass man zwar nicht alles anbieten kann. Aber es soll gemacht werden, was möglich ist. Oder auf Alternativangebote hingewiesen werden. Die Kirchengemeinde soll den Menschen weiterhin in seiner Gesamtheit betrachten und Ansprechpartnerin für alle Altersgruppen und Lebenssituationen sein. Die Offenheit für Dinge als Möglichkeit des Zusammenseins soll bestehen bleiben. Denn das macht Kirche aus“, betont Oberklus.

Pressemitteilung des Evangelischen Dekanats Kronberg (Juni 2022)

Zukunftsprozess ekhn2030

Herausforderungen durch weniger Pfarrerinnen, Pfarrer und Mitglieder

Von Thomas Milkowitsch (November 2021)

Am 1. Septem­ber hat unse­re sechs­jährige Amts­zeit als wie­derge­wähl­te oder neue Kirchenvor­stän­de begon­nen. Wir haben unsere Arbeit mit Freude und Mut aufge­nom­men und stellen uns die­sen span­nenden Heraus­forde­run­gen.

Eine beson­de­re Herausfor­derung ist die Zukunft unserer Kirche in Hes­sen und Nassau (EKHN). Eine Studie pro­gnostiziert, dass mit einem deutlichen Mitglieder­rückgang zu rechnen ist: Bis 2030 rund 1,2 Millionen Mitglieder ge­genüber 1,5 Millionen heute, bis 2060 eine Halbie­rung der Mitglieder­zahlen. Wichtigste Ur­sache ist neben der demo­graphischen Entwicklung das Aus- und Eintritts­ver­halten, insbeson­dere von Mitgliedern im Alter von 20 bis 35 Jahren. Eine Phase, in der viele ins Erwerbsleben eintreten und erst­mals Kirchensteuer zahlen, aber kirchliche Angebote selten in Anspruch nehmen.

Doch welche Lösungen hat die EKHN für diesen nachhaltigen Trans­formationsprozess? Im Herbst 2019 hat die Synode der EKHN die Debatte über einen neuen Zu­kunfts­prozess er­öffnet. Er soll die evangelische Kir­che über das Jahr 2030 hinaus­füh­ren. Das Projekt mit dem Namen „ekhn2030“ soll da­bei die künftige gesell­schaftliche Si­tuation ebenso wie die Mi­tglie­derentwicklung und de­ren Fol­gen in den Blick nehmen.

Infoveranstaltung mit KP Jung

Am 3.11.2021 fand die dritte On­line-Veranstaltung zu ekhn2030 mit Kirchenpräsident Dr. Volker Jung statt. Mehr als 450 Vertre­terinnen und Vertre­ter aus den Kirchen­gemeinden nahmen teil. Es ent­stand eine lebhafte Diskus­sion um die Fragen:  Ein­sparpro­zess oder Kirchenentwick­lung, Kommunika­tion des Evangeliums, Mit­gliedergewin­nung, Gemeinwesen­orien­tierung und Regionalentwicklung. Die Vortragen­den machten deutlich, dass nach sorg­fältiger Kalkulation Möglich­keiten ge­sucht werden müssen, die jährlichen Aus­gaben von rund 700 Millionen Euro um 140 Millionen Euro im Jahr 2030 zu redu­zieren.

Wir wer­den ca. 1/3 we­niger Pfar­rerinnen und Pfarrer haben, wir stehen vor einer hohen Baulast­unter­hal­tung für unsere Kirchen und Gemeinde­häuser.

Ein wichtiges Vorhaben ist es, die Kommunikation in der Jungend- und Familienarbeit besser anzupassen. Der Alltag junger Menschen sei „hybrid“ zwischen digitaler und analoger Begeg­nung, bei der mobile Kommunikation überall und jederzeit selbstverständlich sei. Konkrete Handlungsempfehlungen und Perspektiven sollen der Synode im November 2021 vorgelegt werden.

Neue Nachbarschaftsräume

Ebenfalls finde ich es unterstützens­wert, unsere Verwaltung konsequent zu digitalisieren. Verwaltungsstrukturen und -prozesse müssen „neu gedacht“ werden mit dem Ziel einer effizienteren Verwaltung, um Pfarrerinnen und Pfar­rer und Mitarbeitende in den Gemein­debüros zu entlasten und mehr Zeit für die Arbeit mit und für die Gemein­demitglieder zu haben.

Für die regiona­le Zusammenarbeit und Vernet­zung wird vorgeschlagen, dass sich die Gemeinden eines Dekanats zukünftig zu Nachbarschaftsräumen mit einem Ver­kün­digungsteam aus mehre­ren Haupt­amtlichen (Pfarrerinnen und Pfarrern, Gemeindepädagoginnen und -pädago­gen und/oder Kirchenmusi­ke­rin­nen und -musikern) zusammen­schließen, wobei auch die Gemeinwesenarbeit be­dacht wird. Ein regionales Konzept für die gemeinsame Nutzung von Gebäu­den müsste den Überhang an Versamm­lungs­flächen, die langfristig kaum zu unterhalten sind, reduzieren.

Das sind spannende Vorschläge für die Behandlung von Symptomen. Klar ist, wir müssen sparen, und ein intel­ligentes, effizientes und ökologisches Baumanagement ist erforderlich. Wir müssen mit den Folgen des Rückgangs von Pfarrerinnen, Pfarrern und Mitglie­dern klarkommen. Jedoch was sind die Ideen und die Vorschläge gegen das Austrittsverhalten? Was tun wir gegen den erwarteten Mangel an Hauptamt­lichen? Wie wird der Pfarrberuf als Berufung, die mit Leidenschaft für die Kommunikation des Evangeliums aus­ge­staltet ist, und die EKHN als attrak­tive Arbeitgeberin fit für die Zukunft gemacht? Kirche muss handlungsfähig sein und die Kirchengemeinden müssen ihre gemeinwesen- und mitgliederori­entier­te Ausrichtung stärken. Das geht nur, wenn die Pfarrerinnen und Pfarrer und die Mitarbeitenden vor Ort sind, an­sprech­bar sind und sich Zeit nehmen können. So kann Kirche als starker Teil und Partner der Zivilgesellschaft in all ihren vielfältigen Formen wahrgenom­men werden.

Aus dem Auferstehungs-Mosaik 4/2021 

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